Positionierung der conneXX GmbH bezüglich des Artikels über Jugendhilfemaßnahmen im Ausland in der Spiegel-Ausgabe 13-2023

9. Mai. 2023Betreuungsstellen, Bewerber*innen, Jugendämter

In der diesjährigen Ausgabe 13 des Spiegels wurde ein Artikel über Jugendhilfemaßnahmen im Ausland veröffentlicht. Der Anlass für diesen Artikel war die Tötung einer Frau durch einen deutschen Jugendlichen, der im Rahmen einer Auslandsmaßnahme in Rumänien untergebracht war. Der Jugendliche steht nun vor Gericht. Es handelt sich zweifellos um eine entsetzliche Tat, die weder entschuldigt noch beschönigt werden kann oder soll. Sie ist schrecklich für das Opfer und die Angehörigen sowie für die rumänischen Pflegeeltern und alle Beteiligten.

Die Frage, die sich jedoch stellt, ist, ob diese Tat als Grundlage für eine generelle Verurteilung oder Diskreditierung von Jugendhilfemaßnahmen im Ausland dienen sollte. Als langjähriger Anbieter solcher Maßnahmen möchte die conneXX GmbH eine klare Antwort geben: Nein, es gibt keinen objektiven Grund dafür, und die regelmäßigen Versuche der Medien, dies zu tun, sind ungerechtfertigt.

Der Artikel im Spiegel gibt an, dass deutsche Behörden zwischen 2008 und 2020 mindestens 3.600 Minderjährige und junge Erwachsene für pädagogische Hilfe ins Ausland geschickt haben. Es ist jedoch auffällig, dass der Artikel nicht den Vergleich zu der Gesamtzahl der in stationären Jugendhilfemaßnahmen betreuten Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen im gleichen Zeitraum herstellt. Vermutlich, um nicht zu verdeutlichen, wie gering der Anteil der Auslandsmaßnahmen im Gesamtkontext ist.

Der Artikel führt weiterhin aus, dass Jugendhilfe im Ausland immer wieder für Skandale sorgt und als Beispiel wird der Fall eines deutschen Jugendlichen angeführt, der 2004 in Griechenland seinen Betreuer getötet hat. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass Skandale und schwere Vorfälle nicht nur in der Jugendhilfe im Ausland, sondern auch im Inland auftreten. Dies betrifft auch nicht nur Deutschland. Jeder Staat hat damit zu tun.  Solche Ereignisse sind nicht abhängig vom Ort der Maßnahmen.

Es ist erfreulich, dass die Autorin des Artikels darauf hinweist, dass laut einer Studie pädagogische Hilfe im Ausland besser wirkt als Vergleichbare im Inland. Allerdings ist dieser Aspekt aus Sicht der conneXX GmbH zu hinterfragen. Pädagogische Hilfe ist dann wirksam, wenn sie genau auf den Bedarf des betroffenen jungen Menschen abgestimmt ist, unabhängig davon, ob sie im Inland oder im Ausland erbracht wird. Wenn es dem Bedarf eines jungen Menschen entspricht, in einem fremden Land einen Neuanfang zu machen, um beispielsweise den nötigen Abstand zu einem schädlichen Umfeld zu gewinnen, dann wird eine Hilfe im Ausland erfolgreicher sein als eine Hilfe im Inland. Wenn es keine pädagogische Begründung für eine Hilfe im Ausland gibt, wird diese auch nicht erfolgreicher sein als eine vergleichbare Hilfe im Inland.

Bei der Prüfung einer Auslandsmaßnahme muss immer abgewogen werden, ob es Gründe gibt, die darauf hindeuten, dass ein Neubeginn und ein Neustart notwendig oder hilfreich erscheinen, um einen jungen Menschen dabei zu unterstützen, Hilfe anzunehmen und eine positive Entwicklung einzuleiten. Wenn die alleinige Motivation für eine Auslandsmaßnahme darin besteht, dass im Inland keine Angebote für einen jungen Menschen gefunden werden können, wie im Artikel dargestellt, sollte dies aus pädagogischer Sicht abgelehnt werden.

Die Autorin weist auch darauf hin, dass acht befragte Landesjugendämter nicht wissen, wo die Jugendämter in ihrem Zuständigkeitsbereich junge Menschen im Ausland untergebracht haben. Diese Aussage überrascht angesichts der 2021 in Kraft getretenen Reform des SGB VIII. Gemäß § 38 „Zulässigkeit von Auslandsmaßnahmen“ ist klar geregelt, dass Jugendämter der erlaubniserteilenden Behörde, in der Regel den Landesjugendämtern, unverzüglich den Beginn und das geplante Ende der Leistungserbringung im Ausland unter Angabe von Namen und Anschrift des Leistungserbringers sowie des Aufenthaltsorts des jungen Menschen. Es stellt sich hier beim conneXX GmbH die Frage, in welchem Zeitraum diese Daten erhoben wurden.

Es ist nicht möglich, in diesem Beitrag auf alle Einzelheiten des Spiegel-Artikels einzugehen, die ein negatives Bild von den Rahmenbedingungen der Jugendhilfemaßnahme des jungen Mannes in Rumänien vermitteln. Auch soll hier nicht der Eindruck entstehen, dass der Verfasser dieses Beitrags aufgrund der Informationen im Spiegel-Artikel die Arbeit des Trägers oder des Jugendamtes kritisieren oder gar verurteilen würde. Stattdessen möchte conneXX GmbH auf die Faktoren eingehen, die für eine professionelle und pädagogisch sinnvolle Jugendhilfemaßnahme im Ausland erforderlich sind und bei den Auslandsmaßnahmen der conneXX GmbH Standard sind:

  • Jugendhilfemaßnahmen im Ausland werden von pädagogischen Fachkräften nach § 72 Absatz 1, SGB VIII erbracht. Es gelten die gleichen Standards wie für Pädagog*innen in der stationären Jugendhilfe im Inland.
  • Um eine Verständigung mit den jungen Menschen zu ermöglichen, sind deutsche Sprachkenntnisse der pädagogischen Fachkräfte gegeben.
  • Der Träger der Auslandsmaßnahme beschäftigt einen Fachdienst vor Ort, um regelmäßige Fachberatung, Dienst- und Fachaufsicht sowie Kriseninterventionen sicherzustellen. Dieser Fachdienst ist eng an das pädagogische Leitungsteam des Trägers angebunden.
  • Zusätzliche regelmäßige Vor-Ort-Termine einer Trägervertreter*in aus Deutschland finden statt.
  • Den jungen Menschen hat die Möglichkeit, sich jederzeit zu beschweren. Dazu sind Telefon- oder E-Mail-Kontakte jederzeit möglich. Außerdem sind die jungen Menschen darüber informiert, welche internen und externen Beschwerdestellen für sie zuständig sind. Die jungen Menschen haben einen persönlichen und vertrauten Kontakt zum Fachdienst, den sie ohne andere Personen regelmäßig treffen und sprechen.
  • Den pädagogischen Fachkräften der Auslandsmaßnahme stehen alle Informationen zur Verfügung, die der Träger vom Jugendamt und gegebenenfalls von anderen Stellen erhält.
  • Belegende Jugendämter nehmen das aufnehmende ISE-Projekt vor einer Belegung oder zumindest zeitnah nach der Belegung vor Ort in Augenschein. Hilfeplangespräche finden vor Ort statt.
  • Der Träger und die Fachkräfte vor Ort arbeiten intensiv mit den Behörden vor Ort zusammen.
  • Auch im Ausland ist psychologische und/oder psychiatrische Hilfe sichergestellt.
  • Rechtzeitig wird mit dem jungen Menschen und allen am Hilfeprozess Beteiligten ein individuelles Konzept für die Rückkehr nach Deutschland erarbeitet.

conneXX GmbH steht für eine Jugendhilfe, die individuelle Möglichkeiten nutzt und in schwierigen Situationen auch spezielle Hilfen ermöglicht. Dies geschieht in Verbindung mit der erforderlichen Qualität und engagierten, qualifizierten Fachkräften, sowohl im Inland als auch im Ausland.

conneXX GmbH ist der Meinung, dass es wichtig ist, den Kontext und die individuellen Bedürfnisse jedes jungen Menschen zu berücksichtigen, bevor eine Entscheidung über eine geeignete Jugendhilfemaßnahme getroffen wird, sei es im Inland oder im Ausland. Pauschale Verurteilungen oder Bewertungen sind weder hilfreich noch gerecht. Stattdessen sollten sich darauf konzentriert werden, die Qualität und Wirksamkeit der angebotenen Hilfen kontinuierlich zu verbessern und sicherzustellen, dass sie den Bedürfnissen der betroffenen jungen Menschen gerecht werden.

Mit freundlichen Grüßen,

Michael Donarski

Geschäftsführer

conneXX GmbH